Erfolgsgeschichte Bolivien / Schritt für Schritt zu einer funktionierenden Abwasserreinigungsanlage

Das Familienunternehmen «Flor de Leche» ist bekannt für guten Käse und nachhaltiges Wirtschaften. Sein Abwasser reinigt «Flor de Leche» mit einer biologischen Abwasserreinigungsanlage. – Plötzlich wurde jedoch kein Biogas mehr produziert und die Grenzwerte wurden überschritten. Teresa Gilles bat daraufhin das Senior Expert Contact (SEC) um Unterstützung. Gemeinsam mit einem Zuger Umweltingenieur entwickelten sie einen Prozess zur konstanten Überwachung der Anlage.

Ganz in der Nähe der idyllischen Lagune von Achocalla bei La Paz ist das Unternehmen «Flor de Leche» zuhause. Neben der Käseproduktion ist «Flor de Leche» auch ein Ausflugsziel mit Restaurant und informativen Führungen durch den Betrieb. All das konnte sich Rainer Kistler während seinem Einsatz nicht vor Ort anschauen. Denn er beriet «Flor de Leche» aufgrund von COVID-19 via ZOOM.

Der SEC-Experte konnte nicht nach Bolivien reisen und sich die nicht funktionierende Abwasserreinigungsanlage persönlich anschauen. Stattdessen mussten Milena und Ernesto ihn während den ersten Sitzungen damit vertraut machen. Während diesem Prozess stellten die drei bald fest, dass die Pläne der Anlage gar nicht mit dem tatsächlichen Bau übereinstimmten. Auch eine Dokumentation der Prozesse fehlte. Es galt also in einem ersten Schritt, die Anlage und ihre Funktionsweise zu dokumentieren. Erst dann konnten sich Milena Pérez Flores, Ernesto Jordán Peña und Rainer Kistler dem ursprünglichen Problem widmen: herausfinden, weshalb die Abwasserreinigungsanlage nicht richtig funktionierte. Denn zum einen produzierte die Anlage kein Biogas mehr und zum anderen überschritten die Messwerte des gereinigten Abwassers regelmässig die gesetzlich zugelassenen Grenzwerte.

Mit systematischen Messungen zu optimierten Prozessen
Rainer Kistler veranlasste als erstes ein systematisches Messregime, um zu überprüfen, wie die einzelnen Prozessschritte funktionierten. Denn nur mit regelmässigen Messungen und zuverlässigen Daten besteht eine Grundlage für fundierte Entscheidungen. Während diesem langfristigen Prozess zeigte sich wider Erwarten ein Vorteil des Ferneinsatzes: Da die Anpassungen im Reinigungsprozess eine gewisse Zeit brauchen, bis man Resultate sehen kann, hätte Rainer Kistler nicht viel ausrichten können in der Zeit zwischen den Messungen.

Durch die Instruktionen vom SEC-Experten startete das Team von «Flor de Leche» mit regelmässigen Abwassermessungen sowie mit einem systematisches Aufzeichnen der Daten. Dadurch konnten sie einerseits Anpassungen vornehmen, die zur besseren Funktion der Anlage führten. Andererseits können sie so sicherstellen, dass ihr Abwasser den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Die Kundin:
Das Unternehmen «Flor de Leche» wurde 1998 von Stanislas Gilles de Pelichy und Valentina Yanahuaya in Achocalla gegründet. Heute wird es in zweiter Generation von Teresa Gilles geführt. Seit der Gründung des Unternehmens wird nicht nur Wert auf qualitativ hochstehende Milchprodukte, sondern auch auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit gelegt. «Flor de Leche» bietet den Milchproduzenten in der Region Milchpreise über den Richtlinien der Regierung. Zudem wenden sie ein Bezahlungssystem nach Milchqualität an. Das heisst, je hochwertiger die Milch, desto mehr verdient der Produzent.

Für die Kinder der Angestellten bietet «Flor de Leche» eine hauseigene Betreuung an. In PURIRISUN können Kinder von zwei bis vier Jahren zur Betreuung gebracht werden.

Interview mit SEC-Experte Rainer Kistler

Wie beurteilen Sie die Ergebnisse, die durch die Beratung im Allgemeinen erzielt wurden?
Ein ganz wichtiger Effekt der Beratung war, dass sich wieder jemand für die Abwasserreinigungs-anlage verantwortlich fühlte und sich mit ihrem Funktionieren auseinandersetzte. Dank dem systematischen Monitoring der einzelnen Prozessschritte verstehen die Verantwortlichen von Flor de Leche besser, was in der Anlage passiert. Und vor allem erkennen Sie frühzeitig (und nicht erst, wenn die Grenzwerte im Auslauf überschritten werden), wenn die Anlage nicht ordnungsgemäss funktioniert.

Was hat Sie in diesem digitalen Beratungseinsatz am meisten beeindruckt?
Ich war anfänglich schon etwas skeptisch, denn es ist sehr speziell, eine Anlage zu optimieren, ohne je davor gestanden zu sein und sie mit eigenen Augen gesehen zu haben. Milena und Ernesto haben sich aber sehr bemüht, mir die einzelnen Anlagenteile zu beschreiben und mit Fotos und Videos zu veranschaulichen.

Was hat Sie überrascht resp. was hat nicht so funktioniert wie erwartet?
Insgesamt war ich wirklich überrascht, wie gut der Einsatz funktioniert hat. Ich glaube, wenn ich vor Ort gewesen wäre, hätte ich, wie bereits erwähnt, viel weniger ausrichten können.

Wo sind Sie mit dieser Art der Beratung an Grenzen gestossen?
Da für die Anlage keine Baupläne oder dergleichen existieren, war es manchmal trotz den Beschreibungen von Milena und Ernesto nicht ganz einfach herauszufinden, wo welche Leitungen, Schieber und Pumpen existieren und wie diese zusammengeschaltet sind. So „tauchten“ manchmal Verbindungsleitungen oder Ventile zwischen Anlagenteilen auf, die in den vorherigen Diskussionen nicht erwähnt wurden.

Hatten Sie nach Beendigung des Auftrags weiterhin Kontakt mit dem Klienten? Mit welcher Art von Unterstützung?
Ich habe noch sporadischen Kontakt mit Milena, sie schickt mir ab und zu die aktuellen Resultate der Messungen. Daraus ersehe ich, dass die Anlage nach wie vor gut funktioniert.

Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf den Kunden?
Flor de Leche musste die Produktion drosseln, dadurch fiel auch deutlich weniger Abwasser an. Für die Abwasserreinigungsanlage stellte dies kein Problem dar.